Sprachverständnis im Dialog (PHON) 

Studienleiter:

Dr. Mathias Bartel

Institution:

Leibniz-Institut für Deutsche Sprache Mannheim
Abteilung Pragmatik

Laufzeit:

Oktober - Dezember 2022

Laboratories used:

Verhaltenslabor

Projektbeschreibung

Das Experiment PHON_1 ist eingebettet in das größere Forschungsprogramm "Sprachverstehen im Dialog" unter der Leitung von Dr. Mathias Barthel. Das übergeordnete Programm untersucht, ob das Sprachverständnis beeinträchtigt wird, wenn die Teilnehmer eines Gesprächs ihren eigenen nächsten Redebeitrag planen, während ihr Gesprächspartner noch spricht. Der Hintergrund für diese Frage liegt in folgendem Rätsel. In einem gewöhnlichen Gespräch gelingt es den Gesprächspartnern, ihre Turns-at-Talk nahtlos zu übernehmen, indem sie in der Regel ohne lange Sprechpause zu sprechen beginnen, sobald ihr Gesprächspartner seinen Turn beendet hat (Stivers et al., 2009; Levinson & Torreira, 2015). Um die Rollen von Sprechern und Zuhörern schnell wechseln zu können, beginnen Gesprächspartner in der Regel bereits mit der Planung ihrer nächsten Äußerung, während der aktuelle Sprecher noch seinen Turn-at-Talk ausführt (Barthel, 2020; Barthel et al., 2016, 2017, Bögels et al., 2015). Bei dieser Frühplanungsstrategie überschneiden sich jedoch die Aufgaben des Sprachverstehens und der Sprachproduktion zeitlich mit dem Ende des kommenden Turns. Da bekannt ist, dass sprachbezogene Teilaufgaben des Verstehens und der Produktion von ähnlichen mentalen Kapazitäten abhängen und sich teilweise auf identische neuronale Schaltkreise stützen (Hagoort et al., 1999; Kempen et al., 2012), ist davon auszugehen, dass die gleichzeitige Ausführung dieser Aufgaben für die Gesprächspartner kognitiv anspruchsvoll ist.
Dieses Tatsache wirft die Frage auf, ob und inwieweit sich Sprachproduktion und Sprachverstehen in Dialogsituationen gegenseitig beeinträchtigen. Erste Hinweise deuten darauf hin, dass die Sprachplanung im Dialog weniger effizient ist, wenn gleichzeitig Sprache gehört wird (Barthel & Sauppe, 2019).
Um die Mechanismen der Sprachverarbeitung im Gespräch vollständig zu verstehen, müssen wir untersuchen, ob und in welcher Weise das Sprachverständnis durch parallele Sprachplanung gestört wird. Die Ergebnisse werden in ein umfassendes Sprachverarbeitungsmodell einfließen, das auf Gesprächssituationen und menschliche Interaktionen in der freien Natur anwendbar ist. Im Rahmen des übergeordneten Forschungsprogramms soll untersucht werden, ob das Sprachverstehen in Gesprächen generell Vorrang vor der Sprachplanung hat oder ob sich beide Aufgaben gleichermaßen gegenseitig beeinträchtigen.

Referenzen: